Du musst dich nicht sofort in die Disziplin verlieben. Du näherst dich ihr über deine Vernunft. Weil du beschließt, ein erwachsener, smarter, potenter Mensch zu werden. Du denkst nach und begreifst, wie wenig deine Disziplinlosigkeit mit Freiheit zu tun hat. Und welch hohen Preis du im Laufe der Jahre dafür bezahlen musst: Ineffizienz; Neid auf andere; Nichtwissen, was für dich möglich ist; Unsicherheit; Dauerfrust; verworrene Mittelmäßigkeit. Mach so weiter, bis dir zum Kotzen übel ist. Bis dich dein eigenes Herumjammern nur noch langweilt. Bis du die Schnauze voll davon hast, ständig von anderen zu hören und zu lesen, die es geschafft haben.
Irgendwann wird dir dämmern, dass die auch nur so ein Hirn haben wie du. Sie nutzen es nur anders. Sie sind bereit, heute ein klein wenig für die Ernte von Morgen zu tun.
Irgendwann willst du aber wissen, wer du noch sein kannst. Also fängst du an, kleine Opfer im Namen der Disziplin zu bringen. Jeden Tag.
Und am Ende des Tages gibst du dem Kind in dir, was es braucht. Belohne dich.
Am nächsten Tag lädst du Disziplin wieder als Gast ein. Am Anfang hasst du sie. Dann lernst du sie kennen. Dann schätzen. Und irgendwann heiratet ihr, weil sie dir etwas sehr, sehr Wertvolles schenkt. DICH.
von Veit Lindau